Professor Peter Ludwig war einer der allerersten Sammler, der auf unsere Forschung aufmerksam wurde, als unsere Arbeit noch in den Kinderschuhen steckte und sich in Frankreich erst eine klassizistische Liebe zur Antike und ein romantisches Ruinengefühl entwickelten. Professor Ludwig und seine Frau Irène haben nie aufgehört, unsere Arbeit zu unterstützen und unter den Bildern der alten Ruinen die Metapher der Konflikte zu erkennen, die Europa und die Welt erschüttert hatten, ein Thema, dem man sich in dieser Zeit, in der die Erinnerung daran noch schmerzt, noch immer schwer nähern kann. Der Zweite Weltkrieg war noch in aller Munde. Sie schenkten uns erneut ihr Vertrauen, indem sie uns 1992 erlaubten, die Arbeit Depot der Erinnerung und des Vergessens auf der Terrasse des Koblenzer Museums zu produzieren. Deshalb freuen wir uns sehr über diese Ausstellung, die das 30-jährige Bestehen des Museums markiert, und die der 54 Jahre gemeinsamen Arbeit und Wanderschaft unseres Paares“.
Anne und Patrick Poirier, Lourmarin, Mai 2022
Anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Ludwig Museums re­flektiert das französische Künstlerpaar Anne und Patrick Poirier in einer Einzelpräsentation die Zerbrechlichkeit (Fragilité) der Kulturen. Bereits zur Eröffnung des Ludwig Museums 1992 hatten sie eine programmatische Außenskulptur als „Dépôt de mémoire et d’oubli“ geschaffen und sie auf der Mauerkrone am historischen Deutschen Eck positioniert. In der für sie charakteristischen Weise weist diese auf römische Geschichte und Mythen als Ruinenstätte aus vergangenen Zeiten hin, die ihrerseits mit Inschriften weitere Assoziationsebenen zwischen Vergange­nem und Gegenwärtigem evoziert.
Die Poiriers zählen zu den international bedeutsamen Künstlern, die zu der losen Gruppierung der „Spurensicherung“ zählen. Sie befragen Erinnerung anhand verschütteter und überlagerter Hinterlassenschaften, verbinden die Vorstellung von antiker Stadt mit den neuronalen Netzen des menschlichen Gehirns und ziehen so Verbindungslinien zum heutigen, oftmals dystopischen Handeln der Menschen.
In der Ausstellung konzentrieren sie sich auf das Konzept der Fragilität, den roten Faden all ihrer Arbeiten, die sich um die Verwundbarkeit von Kultur, kollektivem und individuellem Gedächtnis, der Welt der Dinge und der Natur drehen. Sie zitieren die Antike nicht aus Nostalgie, sondern begreifen sie als zeitloses Phänomen, das immer wieder beobachtet, interpretiert und erweitert werden kann. Aus Erinnerung und Vergessen entwickeln sie die Idee der Fragilität unserer Existenz als permanentes Infragestellen des Zustands der Welt.
Für diese große Ausstellung im Ludwig Museum im Deutschherrenhaus haben die Künstler neben rund 25 Arbeiten, die ihr Werk von den Anfängen bis heute umspannen, drei bedeutende neue Werke entwickelt. Die Arbeiten, die bislang nur selten gezeigt wurden, stammen aus dem Atelier, sowie aus französischen, italienischen und deutschen Privatsammlungen. Die Ausstellung wurde gemein­sam von Laure Martin-Poulet und Prof. Dr. Beate Reifenscheid kuratiert.
Zur Ausstellung erscheint im Wienand Verlag ein umfangreich illustrierter Katalog mit Texten in deutscher und englischer Sprache von Anne und Patrick Poirier, Tony Cragg, Danielle March, Laure Martin-Poulet sowie Beate Reifenscheid. Die Ausstellung wird unterstützt von der Peter und Irene Ludwig Stiftung, Aachen, vom L’Institut français, Ministère de la Culture, Berlin, vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Kultur Rheinland-Pfalz sowie vom Verein der Freunde des Mittelrheins Museum und das Museum Ludwig in Koblenz e.V.