Die Dezernentin für Bildung und Kultur Dr. Margit Theis-Scholz und Projektpartner haben heute das Projekt der Saatgutbibliothek vorgestellt.
Die Idee:
Eine Saatgutbibliothek stellt im Frühjahr Saatgut von Gemüse, Kräutern oder Blumen zur Mitnahme und Aussaat im eigenen Garten oder auf dem Balkon zur Verfügung und nimmt im Herbst daraus gesammeltes Saatgut wieder zurück. So entsteht ein nachhaltiger Kreislauf wie bei der klassischen Buchausleihe.
Die Stadtbibliothek Koblenz als Informationszentrum, Wissens- und Kommunikationsort will mit dem Projekt der Saatgutbibliothek einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit und Pflanzenvielfalt in heimischen Gärten leisten.
Ziel des Projekts ist es, auf das Thema hinzuweisen und möglichst viele lokale und alte samenfeste Sorten interessierten Hobby-Gärtner:innen zugänglich zu machen, um einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz zu leisten. Es wird angestrebt, die lokale Genetik einheimischer Pflanzenarten zu erhalten und damit für mehr Biodiversität in Koblenz und Umgebung zu sorgen.
Der Klimawandel wirkt sich negativ auf die ökologische Biodiversität aus. Deshalb ist es wichtig, die genetische Vielfalt einheimischer widerstandsfähiger Pflanzenarten zu erhalten. Auch die Insektenwelt profitiert von robusten und vitalen Pflanzen und die Hobby-Gärtner:innen freuen sich über eine hoffentlich reiche Ernte. Das bei der Saatgutbibliothek verwendete Saatgut ist „samenfest“, das heißt, die Pflanzen lassen sich mit traditionellen Methoden (z.B. Bestäubung durch Insekten) vermehren, ohne ihre sortenspezifischen Eigenschaften zu verlieren. Aus ihren Samen wachsen Pflanzen, die wiederum geerntet werden können. Samenfestes Saatgut ist „Mehrweg-Saatgut“.
Bei den sogenannten „F1-Hybriden“ der Saatgutkonzerne, die heute den Markt dominieren, ist das in der Regel nicht der Fall. Aus diesen Hybridsorten kann kein neues Saatgut für die nächste Ernte gewonnen werden, sondern muss wieder gekauft werden. Die Hybrid-Sorten für die industrielle Landwirtschaft sind genetisch gleichförmiger und benötigen meist Agrarchemie. Dadurch werden Böden, Gewässer und Natur geschädigt.
Samenfeste Sorten sind genetisch breiter ausgestattet, können sich besser an ihre Umwelt anpassen und kommen ohne Pflanzenschutzmittel aus. Die Erhaltung von Kulturgut für folgende Generationen und die Versorgung mit Nahrungsmitteln sind weltweit wichtige Ziele.
Die Idee der Saatgutbibliothek stammt ursprünglich aus den USA. Da es dort viel gentechnisch verändertes Saatgut gibt, versuchen Umweltinstitutionen mit “Seedlibraries” die Sortenvielfalt zu erhalten. Mittlerweile gibt es solche Saatgutbibliotheken auch in Frankreich und Deutschland, zu nennen sind die Stadtbibliotheken Karlsruhe, Lübeck oder Dresden.
Wie funktioniert die Saatgutbibliothek?
Die Saatgutbibliothek funktioniert ähnlich wie eine Buchausleihe.
Saatgut bereitstellen:
Die Stadtbibliothek stellt abgefüllte Tütchen bereit. Es gibt verschiedene Sorten zur Auswahl.
Saatgut ausleihen:
In der Stadtbibliothek das gewünschte Saatgut aussuchen und kostenlos „ausleihen“. Ein Bibliotheksausweis ist dafür nicht nötig.
Saatgut kultivieren:
Das Saatgut im eigenen Garten oder auf dem Balkon aussäen, hegen und pflegen und sich am Wachsen erfreuen.
Saatgut ernten:
Die Ernte genießen und aus einem kleinen Teil der Ernte ausgereiftes Saatgut gewinnen, trocknen und in beschriftete Tüten füllen.
Saatgut zurückgeben:
Das neu gewonnene Saatgut bis Ende November beschriftet in einer Tüte wieder in der Stadtbibliothek abgeben.
Hinweis:
Für Sortenreinheit oder Keimfähigkeit kann keine Garantie übernommen werden.
Woher stammt das Saatgut?
Saatgutabgaben der Partnerinstitutionen, Erwerb von samenfestem Saatgut bei speziellen Anbietern unter Beachtung regionaler Besonderheiten,
Saatgutabgaben von Gärtner:innen (ab dem 2. Jahr).
Wann startet die Saatgutbibliothek?
Der Start richtet sich nach dem Gartenjahr: Zu Beginn der Saatzeit ab Februar/März werden die Tütchen mit dem Saatgut bereitgestellt.
Für das nötige Fachwissen zum Gelingen stellt die Stadtbibliothek eine Auswahl an geeigneten Büchern mit Tipps zum Aussäen und Pflegen der Pflanzen, für den Garten, den Balkon und das Hochbeet zur Ausleihe bereit.
Begleitend werden verschiedene Veranstaltungen, Vorträge und Workshops rund ums Säen und Ernten in der Stadtbibliothek angeboten.
Für wen ist die Saatgutbibliothek?
Alle Hobbygärtner:innen und an Pflanzenvielfalt Interessierte sollen die Möglichkeit haben, sich Saatgut auszuleihen. Jede Person erhält in der Stadtbibliothek eine Saatgut-Tüte mit Samen, solange der Vorrat reicht. Auch für Kinder wird geeignetes Saatgut ausgegeben.
Welches Saatgut gibt es 2023?
Die Stadtbibliothek gibt derzeit folgende Gemüsesorten und Blumensamen aus:
Tomaten:
•           Humboldtii
•           Apollo
•           Small egg
•           Red spoon
•           Rotkäppchen
Bohnen:
•           Cranberry
•           Cocos rose de la meuse
•           Gelbe Kipfler
•           Marona
Erbsen:
•           Buscherbse Kleine Rheinländerin
•           Zuckererbse Weggisser
Gartenmelde:
•           Rote Gartenmelde
•           Grün-violette Gartenmelde
Salat:
•           Kopfsalat Teufelsohr
•           Spargelsalat Grüner Stern
•           Eichblattsalat Dersdorfer
Sonnenblume:
•           La Torre
•           Sunspot
Klatschmohn
Phacelia
Kornblume
Koblenzer Blumenwiesensamenmischung
Kooperationen:
Die Saatgutbibliothek wird vom Kulturamt der Stadt Koblenz und zahlreichen Kooperations-partner:innen unterstützt. Hierfür bedanken wir uns ausdrücklich!
Die samenfesten Gemüsesamen wurden beim „Bingenheimer Saatgut“ und beim „Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.“ (VEN) erworben.
Der VEN sammelt Wissen über alte Sorten und vermehrt diese in den Gärten der Mitglieder. Laut Vereinten Nationen sind weltweit bereits mehr als drei Viertel aller Sorten verloren gegangen. Der VEN möchte dazu beitragen, das noch bestehende Kulturerbe zu bewahren.
Die Blumensamen wurden vom Eigenbetrieb Grünflächen- und Bestattungswesen der Stadt Koblenz zur Verfügung gestellt.
Die Aktion wird vom Verein „Freunde der Bundesgartenschau Koblenz e.V.“ unterstützt.
Die Bilder (Stadt Koblenz/TK) zeigen v.l. Bibliotheksdirektorin Susanne Ott, Dezernentin Theis-Scholz und den Vorsitzenden der Freunde der BUGA 2011, Thomas Schilling.